Vorweg: Der JMStV ist ein Desaster und wir können nur alle hoffen, dass er doch nicht kommt, oder schnell korrigiert wird.
Für kleine private Blogs sieht die Lage aber meiner Meinung nach nicht ganz so schwarz aus, wie es momentan gemalt wird.
Zunächst das Gespenst der Abmahnungen: um nach § 8 UWG einem Anspruch ausgesetzt zu sein, müsste man im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben. Dies zu begründen wird schwer, wenn man keine Werbung einblendet oder sonst welche Einnahmen mit der Seite generiert. Da kleine, private Seiten eh keine nennenswerte Werbeeinnahmen haben, kann man notfalls auf die paar Euro verzichten.
Was muss ich überhaupt machen, um den Anforderungen des JMStV zu genügen?
§ 5 Abs. 1 Satz 1 JMStV lautet:
(1) Sofern Anbieter Angebote, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, verbreiten oder zugänglich machen, haben sie dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen.
Habe ich keine entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte, muss ich danach offenbar auch nichts machen.
Das Problem ist die Frage, was denn entwicklungsbeeinträchtigend ist. Dazu scheint es noch keine gesicherten Erkenntnisse zu geben. Einige Hinweise findet man jedoch hier.
Die meisten Blogs wären nach meinem Verständnis davon nicht betroffen.
Hat man entsprechende Inhalte oder kann dies nicht ausschließen, bleiben einem drei Möglichkeiten.
2. Alle Inhalte nach Altersstufen klassifizieren, da diese Einschätzung aber selbst kaum zuverlässig ist, von anerkannter Stelle kostenpflichtig klassifizieren zu lassen
3. Wirksame Alterskontrollmechanismen einführt, was technisch schwierig wird und ohne einen kostspieligen Dienstanbieter auch nicht möglich sein wird.
Okay, jetzt habe ich meine Angebote selbst geprüft und bin der Meinung, ich brauche nichts kennzeichnen. Leider habe ich mich getäuscht, was kann mir als nicht geschäftlich tätigem privaten Blogbetreiber passieren?
Die KJM könnte mich prüfen und einen Bußgeldbescheid erlassen. Bei er Recherche wird sie von jugenschutz.net untrstützt. Die KJM besteht aus 12 Personen, die offenbar auch noch andere Ämter haben. Für kleine Blogs werden die sich also vermutlich nicht interessieren. Jugendschutz.net prüft von sich aus Angebote und informiert die Betreiber, falls etwas nicht stimmt. Dann leitet es das ganze auch an die KJM weiter. Wenn man auf die Mitteilung von jugenschutz.net hin sein Angebot einfach überarbeitet, vermute ich mal, das nichts weiter passieren wird. Die Mitteilung scheint nach Allem, was ich bisher gelesen habe auch nichts zu kosten.
Sollte es tatsächlich ein Bußgeld geben, kann dies theoretisch bis zu 500.000 € betragen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit kann ich mir aber nur schwer vorstellen, dass die tatsächlich verhängten Bußgelder bei kleinen privaten Blogs einige hundert Euro übersteigen. Das hängt sicher von den Umständen des Einzelfalls ab, nämlich wie stark entwicklungsbeeinträchtigend das Angebot ist und vielleicht auch wie groß die Leserschaft ist.
Das Bußgeld gibt es im Übrigen als Verwaltungsakt, ich kann es also anfechten. Sollte die Beurteilung der Behörde völlig aus dem Ruder laufen, können die Gerichte dies also korrigieren, wenn die Ermessensgrenze überschritten wird. In Anbetracht des hohen Ranges de Presse- und Meinungsfreiheit wird sich die Behörde bei leichten Verstößen also vielleicht nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen.
Fazit: Ich werde online bleiben und die weitere Entwicklung abwarten. Für Leute, die mit ihren angeboten geschäftlich tätig sind, könnte aber in der Tat eine Abmahnwelle drohen, die vermutlich die reellere Gefahr ist, als etwaige Bußgelder.
Liebe Politiker seid einmal vernünftig und lasst die Scheiße!
Auch sehr instruktiv: http://t3n.de/news/neuer-jmstv-286977/2/
Linksammlung zum Thema: http://klawtext.blogspot.com/2010/11/blogger-und-der-jmstv.html
UPDATE: Udo Vetter hat sich nun auch umfassend geäußert und rät von Panik ab: http://bearbeiter.blogspot.com/2010/11/jugensmedienstaatsvertrag-keine-panik.html