Freitag, 10. Dezember 2010

Buttonlösung: Die Entmündigung des mündigen Verbrauchers

Der Gesetzgeber plant, der Abofallenproblematik im Internet Herr zu werden und beabsichtigt, eine sogenannte "Buttonlösung" einzuführen. Darunter ist eine Informationspflicht zu verstehen, die bei allen Geschäften, die allein im Internet geschlossen werden, greift. Unternehmer sollen verpflichtet werden, noch vor der eigentlichen Bestellung des Verbrauchers einen hervorgehobenen Hinweis auf Preis, Versandkosten- und Dauer, sowie Vertragslaufzeit und automatische Verlängerungen zu geben. Erst nach Kenntnisnahme dieser Daten soll der Verbraucher die Bestellung abschicken können.


Kosten für Betreiber von Online-Shops

Laut dem Entwurf werden für die Einführung der Regelung

„einmalig Anpassungen der Online-Verkaufsplattformen erforderlich. Ausgehend von 193 000 betroffenen Unternehmen, belaufen sich die Mehrkosten der einmaligen Anpassung auf einen Betrag zwischen 38,7 und 48,3 Millionen Euro.“

Pro Unternehmen fallen also nach Schätzung des Bundesjustizministeriums (BMJ) 200-250 Euro an. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass nicht alle 193 000 Unternehmen die Vorgaben fristgerecht umsetzen werden. Diejenigen, die nicht rechtzeitig aktiv werden, erhalten mit ziemlicher Sicherheit eine Abmahnung von einem Konkurrenten, die ein Mehrfaches dieser Investitionen kostet. Es kommt also noch ein deutlicher Millionenbetrag an Abmahnkosten hinzu. Damit belastet man die rechtschaffenen Onlinehändler mit rund 50 Millionen Euro, nur damit ein paar Verbraucher wissen, dass die Forderungen der überschaubaren Anzahl an Abofallenbetreibern unberechtigt sind.

Rechtsfolge der Missachtung der geplanten Regelung ist die Nichtigkeit des ganzen Vertrages. Allerdings sind die Forderungen der Abofallenbetreiber auch bisher schon unberechtigt, wie hier aus einer Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins hervor geht. Die Lage verbessert sich also nicht. Eine reine Verbraucherinformationskampagne wäre ebenso effektiv wie eine gesetzliche Verbraucherinformationspflicht. Nur im Ergebnis wesentlich preiswerter für die Onlinehändler.

Nichtige Verträge sind systemwidrig

Die Rechtsfolge, dass die Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern nichtig sind, widerspricht auch der Systematik des BGB. Denn selbst im Falle einer arglistigen Täuschung des Verbrauchers steht diesem das Gestaltungsrecht der Anfechtung zur Verfügung. So kann er sich aussuchen, ob er am Vertrag festhalten möchte, oder nicht. Im Einzelfall kann nämlich ein Festhalten am Vertrag auch für den Getäuschten durchaus Sinn machen, etwa wenn über die wertbildenden Faktoren getäuscht wurde, die wertlose Sache aber plötzlich dennoch einen Wert entwickelt und der Verbraucher sie behalten möchte.

Bei einer automatischen Nichtigkeit schützt man in diesem Fall unbeabsichtigt die "bösen Buben", die sich ebenso auf die Nichtigkeit berufen und Rückabwicklung verlangen können. Der erste Vertragspartner, dem der Vertrag nicht mehr gefällt, kann sich auf die Nichtigkeit berufen, hat also quasi ein Reurecht. Damit wird es vor allem in der Anfangsphase eine Unzahl fehlerhafter, aber vollzogener Verträge geben, die irgendwann streitintensiv rückabgewickelt werden.

Kein Widerrufsrecht beim nichtigen Vertrag

Unsauber ist die vorgesehene Regelung auch insofern, als sie sich mit den Regelungen zum Fernabsatzwiderruf beißt. Ist ein Vertrag zustande gekommen, kann der Verbraucher risikolos innerhalb von zwei Wochen, bei fehlender Belehrung zeitlich unbegrenzt, widerrufen. Ab einem Warenwert von 40 € trägt der Unternehmer dabei sogar die Versandkosten. Ist der Vertrag dagegen nichtig, trägt der Verbraucher die Rücksendekosten und muss gegebenenfalls schon für die normalen Prüfungshandlungen, wie etwa Auspacken der Ware, Wertersatz leisten. Diesen Wertungswiderspruch wird dann die Rechtsprechung lösen müssen, indem sie die Widerrufsregelungen zu Gunsten des Verbrauchers analog anwendet.

Das BGB wird insgesamt ohne Not durch das Hinzufügen einer ungeschriebenen Ausnahme noch laienunfreundlicher gemacht. Gerade im Bereich des Verbraucherschutzes ist es jedoch wichtig, dass sich der Verbraucher auch ohne Anwalt aus dem Gesetz über seine Rechte informieren kann.

In Anbetracht der letztlich geringen Bedeutung der Abofallenproblematik und der schon ausreichenden bisherigen Rechtslage ist das Gesetz überflüssig. Wie gezeigt verursacht es zusätzlich noch Kosten für rechtstreue Unternehmen und schafft Rechtsunsicherheit und im Einzelfall sogar Nachteile und Risiken für den Verbraucher. Man kann den Gesetzesentwurf insofern als Fehlgriff bezeichnen.

Eine besonders prägnante Zusammenfassung zur Sinnlosigkeit der neuen Regelung hat der DAV als Stellungnahme zu dem Entwurf veröffentlicht.
 

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