Montag, 17. Januar 2011

Die Legende der Phantombücher - helft mit!

In einem Artikel für LTO, auf den ich via Rechtler aufmerksam geworden bin, setzt sich Prof. Dr. Roland Schimmel mit den so genannten "Phantombüchern" auseinander. Er nennt dabei als Beispiele das Zitieren von Auflagen, die trotz Ankündigung nicht erschienen, aber dennoch in elektronische Kataloge eingetragen sind.

Die Ursache

Als Ursache für derartige Fehler, insbesondere in juristischen Hausarbeiten, hat er dabei zu Recht das späte Aufpeppen oder Erstellen des Literaturverzeichnisses ausgemacht. Es ist ein Missstand, dass man in der Hausarbeitenzeit häufig nicht an die aktuelle Auflage herankommt, da diese (bibliotheksintern) hoffnungslos vergriffen oder versteckt ist. Notgedrungen arbeitet man daher manchmal mit einer Altauflage - natürlich in der festen Absicht, die Fundstelle bei Gelegenheit in der aktuellen Auflage nachzuprüfen. Ein bis zwei Tage vor Abgabe steht man dann mit rot gemarkerten Fußnoten und einem halbfertigen Literaturverzeichnis da und beginnt eifrig alles nachzuschlagen. Dabei stellt man fest, dass einige Werke weiterhin nicht auffindbar sind. Manchmal wäre es aber misslich eine Quelle gänzlich zu entfernen. Entweder man findet keine Alternativquelle, es ist eine Urquelle oder das Literaturverzeichnis ist ohnehin schon sehr dünn.

Vernunftentscheidung der Studenten

Man steckt nun in der Zwickmühle. Das Fehlen der Quelle könnte der Korrekturassistent im schlimmsten Fall negativ auslegen. Ein Fehlzitat aber natürlich ebenso. Erfahrungsgemäß werden einzelne Fußnoten aber nur selten eingehend nachgeschlagen. Solange man Auffälligkeiten vermeidet, also z.B. nicht den gleichen Autor zu zwei widersprüchlichen Ansichten Zitiert und eine einheitliche Zitierweise durchhält, ist das Risiko eines Blindzitats in dieser Konstellation gering. Da man immer wieder eingetrichtert bekommt, keine Altauflagen zu zitieren, geht man am Ende nochmal sämtliche Quellen anhand einer Internetrecherche durch und überprüft die Auflage. Dabei kann es zu den beschriebenen Fehlern kommen. Ich würde es allerdings wagen zu behaupten, dass das Zitieren einer Altauflage eher auffällt und ähnlich negativ gewertet wird. Wird die Zeit knapp - was sie kurz vor Abgabe fast immer ist - halte ich derartige Blindzitate daher für durchaus vernünftig. Wissenschaftlich ist das zwar nicht unbedingt, das rudelweise wiederkäuen der längst ausgelutschten Standartprobleme weckt aber auch nicht unbedingt Interesse an einer streng wissenschaftlichen Bearbeitung. Eine solche wird von den Korrekturassistenten auch nur in seltensten Fällen gewürdigt, meist im Gegenteil noch bestraft, da die Abweichungen von der Musterlösung oft größer werden.

Uni Legend? Phantomzauberei gesucht!

Neben den diversen Fehlern und Ungenauigkeiten, die nicht nut Studenten unterlaufen, sondern auch in vielen Kommentaren und Lehrbüchern jedes Blindzitat gefährlich machen (bis zu 10 % Fehlerquote nach meiner Erfahrung, in Urteilen fast 0 %), soll es auch bewusste Fehlzitate geben. Nach Gerüchten, die auch von Professoren immer wieder verbreitet werden, soll es gelegentlich vorgekommen sein, dass Mitarbeiter oder HiWis bei der oft delegierten Aufgabe der Fußnoten in einer Aufwallung von Frust oder Schalk, Fehlzitate auf Quellen, die die Aussage konterkarieren oder zumindest in einen völlig neuen Kontext stellen, oder auf fiktive Werke mit vielsagenden Titeln gesetzt haben. Ich würde gerne erfahren, ob dies nur eine Legende ist, oder ob jemandem tatsächlich schon derartige Fälle untergekommen sind.

Als studentische Abart dieses möglichen Phänomens wäre noch das setzen von Fußnoten an unpassender Stelle, etwa in der Überschrift zu nennen, die auf eine Lehrbuchfundstelle verweist, die die bearbeitete Rechtsmaterie als schwer verständlich oder rein akademisch bezeichnet.


Über Kommentare oder Emails mit euren Erfahrungen und Entdeckungen würde ich mich freuen.


1 Kommentar:

  1. Meine allererste Hausarbeit (Rechtsphilosophie) habe ich seinerzeit mit nur einer einzigen Fußnote bestritten - einem Verweis auf die Webseite vom entsprechenden Wikipedia-Artikel ;-)

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