Dienstag, 21. Dezember 2010

Gegen die Sozialisierung unternehmerischer Risiken – Gegen ein neues Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse

Die Unterstützung der Automobilindustrie durch die Abwrackprämie war teuer und überflüssig. Die Absprachen zur Laufzeitverlängerung mit der Atomindustrie waren skandalös. Die Einführung eines neuen Leistungsschutzrechtes schlüge dem Fass den Boden aus.

Die Politik in Deutschland scheint völlig die Bodenhaftung zu verlieren. Man verabschiedet sich nicht nur immer weiter von den Interessen der Wähler zu Gunsten der Interessen einzelner wirtschaftlicher Lobbyverbände, sondern offenbar auch vom Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft. Staatliche Eingriffe, die weder dem freien Leistungswettbewerb, noch der sozialen Komponente dienen, sondern nur einzelne Wirtschaftszweige privilegieren, zeugen von der Korrumpierung des Systems. Derzeit stehen also die Presseverlage an der Selbstbedienungstheke, um sich ein eigenes Leistungsschutzrecht zu kaufen.

Was ist das Leistungsschutzrecht?

Ein Leistungsschutzrecht ist die staatliche Zuordnung eines Rechts zu einem Subjekt. Damit wird etwas bisher Ungeschütztes, also von jedermann frei Nutzbares für die Erbringer bestimmter Leistungen monopolisiert. Dies soll in der Regel die Erbringung derartiger Leistungen fördern. Bestes Beispiel hierfür ist das Patent. Würde der Staat hier kein Patentrecht gewähren, hätte der Erfinder kein Interesse daran, seine technischen Fortschritte zu veröffentlichen, sondern wäre um Geheimhaltung bemüht. Im Interesse des Gesamtfortschrittes, ist es jedoch von Vorteil, wenn der Stand der Forschung als Ausgangspunkt bekannt ist.

Mit ihrem Presseleistungsschutzrecht, wollen die Verlage sich ein eigenes Recht geben lassen. Bisher fallen Presseartikel in der Regel unter das Urheberrecht. Dieses liegt beim Schöpfer des Presseerzeugnisses, z.B. dem Redakteur. Die Verlage müssen sich die leistungsschutzrechtlichen Komponenten des Urheberrechts per Lizenz einräumen lassen, was regelmäßig auch (z.B. im Arbeitsvertrag) geschieht. Beruft sich ein Verlag in einem Rechtstreit auf dieses Recht, so muss er es nachweisen, was im Einzelfall mit einem gewissen Aufwand verbunden sein kann. Daher möchten die Verlage ein eigenes Recht per Gesetz.

Das Urheberrecht ist außerdem in seinem Umfang begrenzt. Zum einen muss ein Erzeugnis eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen, zum anderen gibt es eine Reihe von Schranken, wie etwa die Zitierfreiheit oder die Privatkopie. Kleine Textfetzen und kurze Auszüge aus einem Presseartikel sind in der Regel schon nicht schutzfähig. Genau mit diesen Schnipseln, so genannten Snippets, arbeiten jedoch Google-News und Andere. Das neue Leistungsschutzrecht soll auch diese erfassen. Damit werden schon kurze Wortfolgen monopolisiert. Dies kann im Extremfall dazu führen, dass man nicht mehr weiß, welche Wortfolgen man noch gefahrlos benutzen kann.

Dritter Bestandteil des neuen Leistungsschutzrechtes soll eine Vergütungspflicht für die gewerbliche Nutzung, also schon das Lesen zu geschäftlichen Zwecken sein. Wenn z.B. Unternehmer für die Einschätzung eines Konkurrenten oder Geschäftspartners über Suchmaschinen auf Presseerzeugnisse zurückgreift, soll er dafür zahlen. Dafür soll eine neue Verwertungsgesellschaft gegründet werden. Wie man sich die Durchsetzung einer derartigen Vergütungspflicht ohne eine Umfassende Überwachung aller Nutzer vorstellt, wird leider bisher nicht gesagt. Das Recht würde wohl in jedem Falle zum Papiertiger verkommen und nur für rechtliche Streitereien, an denen außer den Anwälten niemand verdient, führen.

Es geht nur ums liebe Geld

Das Recht soll Geld bringen. Die Verlage prophezeien den Untergang des Abendlandes – beziehungsweise der Pressevielfalt - wenn sie ihre angeblichen Finanzierungslücken nicht über das Leistungsschutzrecht schließen können. Sie fühlen sich von Suchmaschinen und Nachrichtenportalen wie Google-News ausgebeutet, da diese mit ihren Inhalten Geld verdienen würden. Die Verlage haben den Sprung ins Internet verschlafen und auch wenn dieser Geschäftsbereich sehr schnell wächst, werden nicht alle Verlage damit sofort schwarze Zahlen schreiben. Dennoch stehen die Verlage nicht vor dem Ruin. Selbst wenn es die großen Presseverlage plötzlich nicht mehr gäbe, würden natürlich nicht weniger Presseerzeugnisse angeboten, der Markt würde nur kleinteiliger werden, was einen besseren Leistungswettbewerb und damit steigende Qualität bedeutet.

Fazit

Wir brauchen kein derartiges Leistungsschutzrecht und die Presseverlage werden davon auch nicht alle sterben. Eine Veränderung der Marktstrukturen, auch zu Ungunsten der Verlage, bedeutet nicht das Ende der Pressevielfalt. Für ein Leistungsschutzrecht fehlt damit die Rechtfertigung. Niemand kann ernsthaft eine private GEZ der Verlage wollen.

Entgegen jeder Vernunft, ist die Einführung des Leistungsschutzrechtes im Koalitionsvertrag enthalten. Daher müssen wir alle aktiv werden, um es zu verhindern.

Leseempfehlung

Zur weiterführenden Information kann ich den (natürlich von wirtschaftlichen Interessen mitgetragenen) Artikel von Dr. Arnd Haller, Chefjustiziar Google Nord- und Zentraleuropa auf Telemedicus empfehlen. Außerdem hat der Widerstand ein eigenes Portal unter leistungsschutzrecht.info (IGEL - Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht). Wer seine Suchmaschine bedient, wird viele weitere kritische Artikel zu dem Thema finden.

Samstag, 18. Dezember 2010

Auf Jurablogs angekommen

Ich darf vermelden, dass ich nach längerer Wartezeit nun auch bei jurablogs.com gelistete bin.

Jurablogs listet über 400 juristische Blogs und ist damit das größte juraspezifische Angebot dieser Art. Da es einfach zu viele Blawgs gibt, um sie einzeln zu lesen, ist Jurablogs ein gutes Instrument, um zu sehen, was so los ist und um aktuelle Artikel von Blawgs zu lesen, auf die man sonst nicht gestoßen wäre.

Außerdem bin ich seit einiger Zeit auch bei Twitter zu finden @bearbeiter.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

JMStV in letzter Sekunde gestoppt

Nachdem gestern CDU und FDP in NRW angekündigt haben, zusammen mit der LINKEN gegen den JMStV zu stimmen, wird jetzt offenbar auch Grünen und SPD das Eis zu dünn. Für 11 Uhr ist eine Pressekonferenz angekündigt, auf der bekannt gegeben wird, dass man den JMStV ebenfalls nicht unterstützt. Nachdem die Grünen eigentlich von Anfang an dagegen waren und auch in der SPD spürbarer Unmut über den Staatsvertrag herrschte, hätte man diesen Schritt schon viel früher erwarten dürfen.

Leider ist das Einlenken jedoch offensichtlich nicht Vernunftgründen oder echter Überzeugung, sondern politischem Kalkül geschuldet. Der JMStV ist bei denen, die sich für die Thematik interessieren überwiegend verhasst. Wenn nun sogar die stärksten Befürworter, nämlich die CDU umschwenkt, wäre mit der Zustimmung durch SPD und Grüne in erster Linie für die Grünen ein erheblicher Image- und Vertrauensverlust bei ihren Wählern verbunden. Der SPD traut zwar netztpolitisch ohnehin niemand mehr etwas zu, aber auch dort möchte man es vielleicht nicht noch schlimmer machen.

Wenn die Ablehnung letztlich auch nicht aus den richtigen Gründen erfolgen wird, sollten doch alle froh sein, dass dieses Ungetüm auf den letzten Metern noch zur Strecke gebracht wurde. Ich denke, unser aller lautstarker Protest im Internet, wie auch offline hat einen erheblichen Teil dazu beigetragen, den JMStV zu Fall zu bringen. Die Netzgemeinde sollte insofern nicht aufgeben gegen unsinnige und schädliche Gesetze mit aller Macht vorzugehen. Die öffentliche Meinung ist das Einzige, wovor Politiker und ganze Parteien noch schneller kuschen, als vor Fraktionszwang und Parteilinie.

Freitag, 10. Dezember 2010

Der Robenhype ist eine Ente

Wohl ausgehend  von einem Artikel der Frankfurter Rundschau beginnt gerade eine lebhafte Diskussion über das neue „Merkblatt über die Amtstracht“ und Sinn und Unsinn der neuen Regelung. So neu sind die meisten Details indes nicht und die Robe des zitierten Richters war vermutlich nie merkblattkonform. Da mir die neue Regelung nicht vorliegt, konnte ich keinen genauen Vergleich anstellen, ich glaube aber nicht, dass sich etwas geändert hat. Die „Änderung“ dient vermutlich nur der Neuveröffentlichung, da die Scans des alten Merkblattes kaum lesbar sind. Dieses scheint immerhin von 1963 zu stammen und wurde am 23.04.2003 eingescannt, was die verblichene Druckerschwärze erklärt. Siehe hier und hier.

Weitere Berichterstattung:

http://ramydlak.blogspot.com/2010/12/pimp-up-your-robe.html

 

Buttonlösung: Die Entmündigung des mündigen Verbrauchers

Der Gesetzgeber plant, der Abofallenproblematik im Internet Herr zu werden und beabsichtigt, eine sogenannte "Buttonlösung" einzuführen. Darunter ist eine Informationspflicht zu verstehen, die bei allen Geschäften, die allein im Internet geschlossen werden, greift. Unternehmer sollen verpflichtet werden, noch vor der eigentlichen Bestellung des Verbrauchers einen hervorgehobenen Hinweis auf Preis, Versandkosten- und Dauer, sowie Vertragslaufzeit und automatische Verlängerungen zu geben. Erst nach Kenntnisnahme dieser Daten soll der Verbraucher die Bestellung abschicken können.


Kosten für Betreiber von Online-Shops

Laut dem Entwurf werden für die Einführung der Regelung

„einmalig Anpassungen der Online-Verkaufsplattformen erforderlich. Ausgehend von 193 000 betroffenen Unternehmen, belaufen sich die Mehrkosten der einmaligen Anpassung auf einen Betrag zwischen 38,7 und 48,3 Millionen Euro.“

Pro Unternehmen fallen also nach Schätzung des Bundesjustizministeriums (BMJ) 200-250 Euro an. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass nicht alle 193 000 Unternehmen die Vorgaben fristgerecht umsetzen werden. Diejenigen, die nicht rechtzeitig aktiv werden, erhalten mit ziemlicher Sicherheit eine Abmahnung von einem Konkurrenten, die ein Mehrfaches dieser Investitionen kostet. Es kommt also noch ein deutlicher Millionenbetrag an Abmahnkosten hinzu. Damit belastet man die rechtschaffenen Onlinehändler mit rund 50 Millionen Euro, nur damit ein paar Verbraucher wissen, dass die Forderungen der überschaubaren Anzahl an Abofallenbetreibern unberechtigt sind.

Rechtsfolge der Missachtung der geplanten Regelung ist die Nichtigkeit des ganzen Vertrages. Allerdings sind die Forderungen der Abofallenbetreiber auch bisher schon unberechtigt, wie hier aus einer Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins hervor geht. Die Lage verbessert sich also nicht. Eine reine Verbraucherinformationskampagne wäre ebenso effektiv wie eine gesetzliche Verbraucherinformationspflicht. Nur im Ergebnis wesentlich preiswerter für die Onlinehändler.

Nichtige Verträge sind systemwidrig

Die Rechtsfolge, dass die Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern nichtig sind, widerspricht auch der Systematik des BGB. Denn selbst im Falle einer arglistigen Täuschung des Verbrauchers steht diesem das Gestaltungsrecht der Anfechtung zur Verfügung. So kann er sich aussuchen, ob er am Vertrag festhalten möchte, oder nicht. Im Einzelfall kann nämlich ein Festhalten am Vertrag auch für den Getäuschten durchaus Sinn machen, etwa wenn über die wertbildenden Faktoren getäuscht wurde, die wertlose Sache aber plötzlich dennoch einen Wert entwickelt und der Verbraucher sie behalten möchte.

Bei einer automatischen Nichtigkeit schützt man in diesem Fall unbeabsichtigt die "bösen Buben", die sich ebenso auf die Nichtigkeit berufen und Rückabwicklung verlangen können. Der erste Vertragspartner, dem der Vertrag nicht mehr gefällt, kann sich auf die Nichtigkeit berufen, hat also quasi ein Reurecht. Damit wird es vor allem in der Anfangsphase eine Unzahl fehlerhafter, aber vollzogener Verträge geben, die irgendwann streitintensiv rückabgewickelt werden.

Kein Widerrufsrecht beim nichtigen Vertrag

Unsauber ist die vorgesehene Regelung auch insofern, als sie sich mit den Regelungen zum Fernabsatzwiderruf beißt. Ist ein Vertrag zustande gekommen, kann der Verbraucher risikolos innerhalb von zwei Wochen, bei fehlender Belehrung zeitlich unbegrenzt, widerrufen. Ab einem Warenwert von 40 € trägt der Unternehmer dabei sogar die Versandkosten. Ist der Vertrag dagegen nichtig, trägt der Verbraucher die Rücksendekosten und muss gegebenenfalls schon für die normalen Prüfungshandlungen, wie etwa Auspacken der Ware, Wertersatz leisten. Diesen Wertungswiderspruch wird dann die Rechtsprechung lösen müssen, indem sie die Widerrufsregelungen zu Gunsten des Verbrauchers analog anwendet.

Das BGB wird insgesamt ohne Not durch das Hinzufügen einer ungeschriebenen Ausnahme noch laienunfreundlicher gemacht. Gerade im Bereich des Verbraucherschutzes ist es jedoch wichtig, dass sich der Verbraucher auch ohne Anwalt aus dem Gesetz über seine Rechte informieren kann.

In Anbetracht der letztlich geringen Bedeutung der Abofallenproblematik und der schon ausreichenden bisherigen Rechtslage ist das Gesetz überflüssig. Wie gezeigt verursacht es zusätzlich noch Kosten für rechtstreue Unternehmen und schafft Rechtsunsicherheit und im Einzelfall sogar Nachteile und Risiken für den Verbraucher. Man kann den Gesetzesentwurf insofern als Fehlgriff bezeichnen.

Eine besonders prägnante Zusammenfassung zur Sinnlosigkeit der neuen Regelung hat der DAV als Stellungnahme zu dem Entwurf veröffentlicht.
 

Neue Störerhaftung: Die Gelegenheit

Die Ausdehnung der Störerhaftung durch die Begründung neuer Pflichten hat ihr vorläufiges Ende in der W-Lan-Haftung gefunden. Mit den DDoS-Angriffen auf Wikileaks-Gegner bietet sich nun eine hervorragende Möglichkeit, die Haftung weiter auszudehnen.

An den DDoS-Angriffen, die derzeit von anonymen Hackern organisiert werden, sind neben Leuten, die so blöd sind, sich freiwillig in ein Botnetz einzubringen sicher auch bestehende, durch Malware geschaffene Botnetze beteiligt. Nun könnte sich jeder, der als Teilnehmer erwischt wird, auf den Standpunkt stellen, er sei Opfer eines Trojaners geworden und das Gegenteil wird gerade im Zivilverfahren schwer zu beweisen sein.

Auch sind die teilnehmenden Privatpersonen vielleicht nicht ausreichend solvent, um die Schäden, die durch den Angriff entstanden sind auszugleichen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass die Verfolgung armer kleiner Möchtegernhacker einen neuen Shitstorm über die Unternehmen, die so vorgehen, heraufbeschwören könnte.

Alles, was wir für ein sauberes Vorgehen brauchen, ist die Verpflichtung, den eigenen Rechner gegen Malware zu schützen. Kann jemand diesen Nachweis nicht bringen, stellt man ihn als Störer in die Ecke. Da das medial blöd ankommt, sucht man sich ein Unternehmen oder eine Behörde, deren Rechner an der Attacke beteiligt war. An Unternehmen oder Behörden kann man ab einer gewissen Größe sogar besondere Anforderungen stellen, was die Datensicherheit und den Schutz vor Malware angeht. Hier kommt man also schon fast zu einem Anscheinsbeweis. War der Firmenrechner infiziert, hat das Unternehmen sich pflichtwidrig verhalten, also muss es blechen. So kann man kleinere Unternehmen kaputt machen und hat gegebenenfalls einen solventen Schuldner, der dann sehen kann, wo er Regress nimmt. Auf dem ganz überwiegenden Anteil des Schadensersatzes bleibt er jedenfalls sitzen. Gesamtschuldnerschaft sei Dank.

Montag, 6. Dezember 2010

Feuer machen im Wald! Der rechtliche Rahmen des Survivaltrainings

Da ich mich momentan interessehalber auf Survival-Seiten rumtreibe, hat sich mir die Frage gestellt, ob ich rechtlich gesehen überhaupt ein Feuer machen dürfte, um mein Trinkwasser abzukochen (oder gewildertes Fleisch oder Fisch zuzubereiten).

Ein Feuer brauche ich eigentlich nur, wenn ich auch mindestens eine Nacht im Freien bleibe. Daher stellt sich zusätzlich die Frage, ob ich dort kampieren darf.

Das einschlägige Gesetz ist zunächst das Bundeswaldgesetz (BWaldG). Was man grundsätzlich im Wald darf, regelt § 14.

§ 14 Betreten des Waldes

(1) Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist gestattet. Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet. Die Benutzung geschieht auf eigene Gefahr. Dies gilt insbesondere für waldtypische Gefahren.

(2) Die Länder regeln die Einzelheiten. Sie können das Betreten des Waldes aus wichtigem Grund, insbesondere des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung, zum Schutz der Waldbesucher oder zur Vermeidung erheblicher Schäden oder zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Waldbesitzers, einschränken und andere Benutzungsarten ganz oder teilweise dem Betreten gleichstellen.

Nach Abs. 1 darf ich mit Pferd, Rad und Rollstuhl nur die Straßen und Wege benutzen. Autofahren darf ich eh nur auf öffentlichen Straßen, dann aber auch, wenn die mal durch den Wald geht. Im Umkehrschluss darf ich mich zu Fuß aber offenbar auch abseits der Wege herumtreiben. Die Einzelheiten regeln jedoch die Länder. Diese haben dazu Landeswaldgesetze erlassen, die sich geringfügig unterscheiden.

Ich habe mich mit dem niedersächsischen Waldgesetz befasst, da dies für einen eigenen Survivaltripp gegebenenfalls maßgeblich wäre.  Die §§ 23-32 NWaldG regeln das Betreten, also was man explizit darf, die §§ 33-36 NWaldG das Verhalten, also gewisse Einschränkungen.

Der Wald gehört gem. § 2 Abs. 1 NWaldG zur freien Landschaft, die gem. § 23 NWaldG grundsätzlich von jedermann betreten werden darf. Für das Übernachten im Wald ist § 27 NWaldG einschlägig. Dieser lautet: „In der freien Landschaft sind außerhalb von genehmigten Campingplätzen das Zelten, das Aufstellen von Wohnwagen und Wohnmobilen sowie der Aufenthalt in Zelten, Wohnmobilen und Wohnwagen nicht gestattet.“

Wir befinden uns im Wald nicht auf einem Campingplatz und einen Wohnwagen oder ein Wohnmobil haben wir ebenfalls nicht dabei. Auch zelten dürfen wir nicht. Beim übernachten im Wald stellt sich also die Frage, was Zelten im Sinne des Gesetzes ist. Ein Zelt darf man sicher nicht aufbauen. Eine Plane aufspannen dürfte grenzwertig sein. Da das Gesetz nicht einfach das Übernachten im Wald verbietet, muss es aber irgendwo eine Grenze geben. Wenn man sich nur natürlicher Gegebenheiten oder Materialien bedient oder sich einfach nur ein einem Schlafsack auf den Boden legt, kann dies also nur bei übermäßig extensiver Auslegung der Vorschrift noch als Zelten angesehen werden. Vermutlich wird der Förster aber dennoch wenig begeistert sein, im Wald über einen schlafenden Menschen zu stolpern. Urteile zu der Thematik sind mir leider auch nicht bekannt. Gem. § 28 NWaldG kann der Waldbesitzer im Einzelfall und für wenige Tage das Zelten erlauben. Im Privatwald eines Bekannten, ist es also am sichersten. Am besten aber eine schriftliche Erlaubnis mitführen.

Unterstellt, ich bin ohne Zelt unterwegs und die zuständige Behörde meint auch nicht, dass es in jedem Fall verboten sei, im Wald zu übernachten, bleibt noch die Frage nach dem Feuer.

Dies ist in § 35 Abs. 1 NWaldG geregelt. „(1) In Wald, Moor und Heide sowie in gefährlicher Nähe davon ist es verboten, in der Zeit vom 1.März bis zum 31. Oktober Feuer anzuzünden oder zu rauchen. Dies gilt nicht für Waldbesitzende, sonstige Grundbesitzende und Personen, die zu diesen in einem ständigen Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen und für diese auf den Grundstücken Dienste oder Arbeiten verrichten, sowie für die dort zur Jagd Befugten.“

Im Winter darf ich also im Umkehrschluss Feuer machen, im genannten Zeitraum hingegen nicht. Soweit ist die Regelung klar. Wenn ich ein Feuer mache, muss ich natürlich vorsichtig sein, § 35 NWaldG enthält dazu noch Näheres.

Eine Ausnahme gilt, wenn ich Waldbesitzer bin, der Rest ist eher unwahrscheinlich. Waldbesitzer gem. § 4 NWaldG bin ich als Eigentümer, oder wenn ich Nutzungsberechtigter und unmittelbarer Besitzer bin. Ein Solcher werde ich z.B. als Pächter. Bin ich auch dies nicht, müsste aber die (schriftliche -> wegen Nachweis im Wald) Vereinbarung einer mit dem Eigentümer gleichberechtigten Nutzungsberechtigung genügen, um unmittelbaren Mitbesitz nachweisen zu können. Dies sollte dann auch das Feuer machen außerhalb der vorgesehenen Zeiten gestatten. Für diese etwas konstruierte Lösung zur Umgehung der Begrenzungen des Landeswaldgesetzes lege ich meine Hand jedoch nicht ins Feuer. Als Waldbesitzer geht man zudem Verpflichtungen ein, etwa was die Haftung angeht, die man vertraglich wieder abwälzen müsste. Anwaltlicher Rat empfiehlt sich also im Ernstfall.

Die Waldgesetze anderer Bundesländer enthalten ähnliche Regelungen, die man sich im Einzelfall genauer ansehen müsste.

Samstag, 4. Dezember 2010

Wikileaks weiter glaubwürdig: Geleakte UFOs?

UPDATE: Ich wurde darauf hingewiesen, dass ich auf die übertriebene Berichterstattung der angeblich professionellen Presse hereingefallen bin. Bei der Geschichte handelt es sich um eine Ente, da die Zitate entstellend aus dem Zusammenhang gerissen worden sind. Siehe dazu Bildblog: http://www.bildblog.de/25923/schlagzeilen-aus-einer-anderen-welt/

Zur Dokumentation meines Fehlers, und um in diesem Zusammenhang weiteren Lesern Aufklärung zu bieten, bleibt der Artikel im Übrigen online.



Das Hamburger Abendblatt berichtet, dass Assange in einem Chatinterview mit dem Guardian schrieb: „Es ist wert zu erwähnen, dass sich in den noch zu veröffentlichenden Dokumenten tatsächlich Hinweise auf Ufos befinden".

Mal unabhängig von der Frage, ob es Außerirdische gibt, ist es nicht sonderlich wahrscheinlich, dass diese uns in einem UFO besucht haben, um das ganze dann von irgendeiner Regierung vertuschen zu lassen.

Viele UFO-Sichtungen lassen sich zumindest mit natürlichen Phänomenen erklären.

Meiner Einschätzung nach, hat Assange schon mit der Ankündigung derartiger Veröffentlichungen das Ansehen von Wikileaks beschädigt. UFO-Gläubigkeit hat etwas von Spinnerei und selbst wenn Wikileaks EINDEUTIGE Beweise vorlägen, bräuchte man eine weitaus gefestigtere Position, um diese glaubwürdig zu veröffentlichen.

Zum jetzigen Zeitpunkt spielt die Ankündigung den Gegnern von Wikileaks in die Hände, da damit auch andere veröffentlichte Informationen stärker in Zweifel gezogen werden und leichter als unglaubwürdig oder unseriös hingestellt werden können.

Die Kritik, dass Wikileaks die Daten besser auf Seriösität prüfen müsse, ist daher bezüglich Cablegate vielleicht nicht berechtigt, lässt sich aber insgesamt nur schwer von der Hand weisen.

Man bekommt den Eindruck, dass Assange auf einer Wolke der Allmachtsphantasie langsam abhebt.

Freitag, 3. Dezember 2010

Aus einer Zeit vor Tier- und Artenschutz II: Weitere Köstlichkeiten

Hier hatte ich schon aus meinem dort genannten Kochbuch von 1924 die Schlachtung einer Schildkröte beschrieben. Nun will ich ein paar weitere Gerichte zumindest dem Namen nach vorstellen, die heute eher seltener auf der Speisekarte stehen und überwiegend schon aus rechtlichen Gründen nicht stehen dürfen.

Nicht fehlen dürfen in der exotischen Küche natürlich indische Vogelnester und Froschschenkel (Ragout, gebacken oder als Pastete). Von diesen Leckerbissen hat man vielleicht noch gehört.

Fischotter haben den Weg aus der Küche aber offenbar nicht nur aus rechtlichen Gründen gefunden, denn „der Fischotter ist nicht gerade besonders wohlschmeckend, sondern hat stets einen strengen Beigeschmack, doch findet er hin und wieder als Fastenspeise Verwendung.“ Dennoch wird beschrieben, wie er zu braten, oder in feinen Kräutern einzulegen ist.

Auch die Bandbreite der Geflügelfleischquellen war noch etwas größer, z.B. Schnee- und Wasserhuhn und Auerhahn. Wirklich gemein finde ich das Schlachten eines Fischreihers, denn „vom Fischreiher ist nur die Brust brauchbar und sehr wohlschmeckend, das übrige tranig.“ Soll der Braten die Gäste auch optisch beeindrucken, biete es sich an, einen Pfau in die Pfanne zu hauen. Er wird „nur bis zur Hälfte des Halses gerupft, damit die Gäste ihn erkennen.“

Des Weiteren auf der Speisekarte standen „junger Dachs“, Biberschwanz und Bärentatzen, die man ja auch schon aus Winnetou I kennt. Hier Merkt man auch mal wieder, dass das Kochbuch schon etwas älter ist. „Wenngleich der Bär zu den seltenen Jagdbeuten gehört, kommt er doch in manchen Gegenden – Siebenbürgen und Russland – vor.“

Auch wenn manche Gerichte nicht ganz zeitgemäß sind und sich die Art zu kochen (etwa die Anzahl verwendeter Eier) verändert hat, ist Davidis Praktisches Kochbuch auch heute noch zu empfehlen und ich koche manchmal danach. Für jeden, der sich auf postapokalyptische Selbstversorgerszenarien vorbereitet, sollte es jedenfalls zum Standartrepertoire gehören.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Des Pudels Kern #JMStV

Um das heiß diskutierte Problem noch mal auf den Punkt zu bringen:

 

Nur wer entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte Anbietet, ist überhaupt vom JMStV betroffen.

 Wer keine derartigen Inhalte anbietet, muss weder einen Jugendschutzbeauftragten im Impressum angeben, noch irgendwelche Klassifizierungen oder Zugangsbeschränkungen vornehmen.

Leider ist nicht ganz klar, was entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte sind. Alles, was bisher schon jugendgefährdend ist, fällt aber jedenfalls darunter. Ein paar Anhaltspunkte dafür, was entwicklungsbeeinträchtigend bedeuten könnte, finden sich hier.

Neu ist die Einführung der Altersstufen. Sie stellen klar, dass entwicklungsbeeintächtigende Angebote auch solche sind, die sich auf unter 16-jährige beeinträchtigend auswirken können. Es gibt also auch Inhalte, die für die darunter liegenden Altersstufen „ab 6“ und „ab 12“ nicht geeignet sind. Das wird man bei den meisten „normalen“ Angeboten wohl nicht völlig auszuschließen sein. Solange man sich aber auch mit seinen sonstigen Angeboten nicht an unter 12-jährige wendet, bedarf es keiner Kennzeichnung oder Sendezeitbeschränkung. Richtet man sich sonst an Kinder, müssten die Angebote getrennt werden.

Ob man Inhalte hat, die erst für ab 16-jährige geeignet sind, wird sich meist einschätzen lassen. Hat man keine solchen Inhalte, bleibt man von Zugangssystemen, Sendezeitbeschränkungen und Klassifizierungen mit der oben genannten Ausnahme verschont.

Offenbar nicht verzichten kann man jedoch auf die Nennung eines Jugendschutzbeauftragten im Impressum, da § 7 JMStV keine Einschränkung dieser Verpflichtung für nur für unter 16 oder 12-ährige ungeeignete Inhalte vorsieht.

Hier dürfte auch der Hauptansatzpunkt für Abmahnungen liegen, da es bei normalen Angeboten recht wahrscheinlich ist, dass zumindest für unter 6-jährige ungeeignete Inhalte enthalten sind. Es bietet sich also an, einen Jugendschutzbeauftragten mit allen notwendigen Daten ins Impressum aufzunehmen. In der Regel wird das bei Ein-Mann Webseiten der eine Mann (oder Frau) sein.

Für die meisten Blogs dürfte sich die Verpflichtung also in der Jugendschutzbeauftragtenimpressumspflicht erschöpfen. Dennoch sollte jeder Seitenbetreiber zumindest einmal über die Problematik nachgedacht haben.

Bezüglich der Impressumsverstöße rechne ich mit einer Abmahnwelle. Da aber auch der Nachweis einer Entwicklungsbeeinträchtigung für Kinder mit einem nicht unerheblichen Risiko verbunden ist, solange es dazu keine gefestigte Rechtsprechung gibt, kann es im Einzelfall sinnvoll sein, sich einer Abmahnung nicht zu beugen. Bei der erforderlichen Beratung wird aber nicht jeder Anwalt kompetent Auskunft geben können, da dies schon eher ein Feld für Sozialwissenschaftler ist.

 

Diese Einschätzung ist selbstverständlich keine Rechtsberatung und kann eine solche auch nicht ersetzen. Sollten sie betroffen sein, wenden sie sich an einen Anwalt ihres Vertrauens.

 

Hier mein vorheriger Artikel zum JMStV.